Projektkurs Astrophysik

Das Schloß-Gymnasium Benrath bietet regelmäßig in der Oberstufe einen Projektkurs in Astronomie an. Hier beschäftigen sich die SuS mit aktuellen Themen der Astronomie und Astrophysik und können auch eigene Beobachtungen an der Schulsternwarte und mit Roboterteleskopen von Slooh.com machen. Ein Highlight ist immer die Beobachtung mit dem 100 m Radioteleskop in Effelsberg. Hierzu findet entweder eine Exkursion vor Ort oder – jetzt in Corona-Zeiten – ein virtueller Besuch statt. Die SuS bekommen dabei einen direkten Einblick in aktuellste astronomische Arbeitsweisen.
Dr. Lisa Zimmermann

Projektkurs Astrophysik Q2 in Effelsberg

2020-01-10_11Es ist erneut gelungen!! Unser Projektkurs Astrophysik kann wieder zum Radioteleskop Effelsberg fahren. Von Freitag, dem 10. bis Samstag, dem 11. Januar 2020, werden die Schüler und Schülerinnen unter Begleitung und Anleitung von Frau Dr. Zimmermann und Frau Scheffler dort selbst messen können!
Geplant: Sternfeldaufnahmen, Spektroskopie. Auswertung zur Stoffanalyse, Temperaturmessungen.
Und vor Ort, also an DIESEM ORT, werden sie ihre PJK-Referate halten können.

Da wird das absolute Handyverbot gerne in Kauf genommen werden.
Treffen 11:15, Abfahrt 11:30, Freitag 10. Januar 2010

Erste Eindrücke

Programm: Einführung durch Dr. Alex Kraus, Leiter des Radioteleskops. Über Treppen ud Aufzüge in 50 m Höhe auf die Antennenschüssel, an den Ort, wo alle Kabel zusammen laufen, Kontrollraum.
Stunden eigener Messungen mit vollem Programm für die vorüberlegten Objekte bis in die Nacht.
zusätzliche aktuelle Problemstellung: Da gerade jetzt Freitag 10.1. 20 Uhr der Mond in eine partielle Halbschattenfinsternis eintritt: Können wir messen, ob der Mond in der unteren Hälfte abkühlt?
Auch die Messungen klappen, zum Glück arbeitet das Radioteleskop bei Wellenlängen, bei denen der leichte Regen, der in der Eifel jetzt leider eingesetzt hat, nicht ernsthaft stört.
Übernachtung im Gästehaus.
Am nächsten Tag die Referate aller PJK-Teilnehmer. Mit im Publikum der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des MPIfR Dr. Norbert Junkes und Dr. Alan Roy, der das berühmte erste Bild eines schwarzen Loches 2019 mit errechnet hat, beide eigens am Samstag Vormittag aus Bonn dazu gekommen. Nicht unspannend für die Schüler, nicht nur vor Mitschülern und ihren Lehrerinnen, sondern vor Vollprofis zu

sprechen. Schon ein tolles Setting: Michael referiert darüber, wie das Bild des schwarzen Loches gemessen und errechnet wurde und einer der beteiligten „Welt-Liga“-Astronomen hört zu und ergänzt.
Spaziergang zum Besucherzentrum. Danach viele Ergänzungen zu den von den Schülern uns Schülerinnen angesprochenen Teilthemen durch Dr. Junkes.
Auswertungen der Messungen und um 22 Uhr wieder in Benrath.

Webcam aufs Teleskop
unser Beobachtungsplan Fr 10.1. ab 16 Uhr

 

als Beispiel auch dieser Bericht aus 2018:

Exkursion im Januar 2018 an das Radioteleskop Effelsberg
Schüler/innen unseres Projektkurses Astronomie steuern das weltweit zweitgrößte bewegliche Radioteleskop des Max-Planck-Instituts Bonn in Effelsberg

Ansicht des Radioteleskops 

Rugile, Jgst. Q2, mit dem Leiter des Radio-Observatoriums, Dr. Alexander Kraus richtet das Teleskop auf den berühmten Pulsar PSR B0531+21 im Krebs-Nebel.

 

Beispiel für einen Pulsar
Vela-Pulsars (animiert), Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/PSR_B0833-45

Kosmisches Karussell
zwischen Supernovae und schwarzen Löchern
von Manfred Heise

Radioteleskop Effelsberg im Kontrollraum: Der Operateur, der Leiter des Observatoriums und der Benrather Projektkurs Astronomie. Die Schülerinnen und Schüler des Schloß-Gymnasiums haben sich seit dem Sommer vorbereitet. Jetzt dürfen Sie hier, am zweitgrößten beweglichen  Radioteleskop der Erde, selbst Messungen an Himmelsobjekten durchführen. Die Beobachtungszeiten bis tief in die Nacht (dann stört unsere technische Umwelt am wenigsten) sind seit Wochen im Beobachtungsplan des Observatoriums eingetragen.

Endlich dürfen die Jugendlichen in das „Allerheiligste“, den Steuerraum. Hinter den bodentiefen Scheiben des hohen Raumes sieht man das 100 m-Teleskop, davor nehmen Monitore die ganze Breite des Raumes ein. Erst erschlagen von der Menge der Displays, erschließt sich mit der Einführung durch den Leiter des Radio-Observatoriums Effelsberg, Dr. Alexander Kraus, die Struktur der Steuerung des Teleskops, der Überwachung und Messungen. Aufgefordert, ihr „Wunschobjekt“ zu nennen, auf das sie sich vorbereitet haben, startet die Schülerin Rugile mit dem berühmten Pulsar im Krebs-Nebel.
Am erwarteten Ort lässt sich tatsächlich eine Radioquelle orten und deren Intensität vermessen. Danach soll das Teleskop das Umfeld scannen und erstellt zeilenweise eine Sternkarte des Gebiets.

Das nächste Objekt sucht die Schülerin selbst am PC aus der Liste aus und startet die Messung. Und wie von Geisterhand bzw. Schülerinnenhand bewegt schwenken mehr als 3000 t Stahl, strahlend weiß beleuchtet, erstaunlich schnell durch die Eifelnacht, um sich für den neuen Himmelskörper zu positionieren.

Bei Exkursionen von Oberstufen-Schülern stellt sich gerne die Frage nach Getränken. Der Leiter des Observatoriums spielt mit und startet eine spektroskopische Messung: Es gibt Wasser im Weltraum! Die Spektrallinie ist schnell in einem Nebel gefunden. Die Begeisterung, dass das Spektrogramm sogar auch Alkohol zeigt, sinkt aber schnell: nur Methanol und das auch noch mehrere Milliarden Kilometer von der Erde entfernt.

Lukas (Bild) gibt die Koordinaten des Restes einer Supernova ein und mit der nächsten Messung gelingt es, deren räumliche Struktur aufzulösen. Wiederholungen mit weiteren Frequenzen im selben Gebiet lassen die Karten schärfer werden und die Überlagerung zeigt dann deutlich die Struktur der ehemaligen Supernova.

Da die Nacht noch lang ist, kann eine bunte Vielfalt zum Teil erst kürzlich entdeckter Objekte angesteuert und untersucht werden: Pulsare, Blasare, supermassive schwarze Löcher, Mikroquasare und weitere Überreste von Sternexplosionen.

Eine Messung misslingt: Das Objekt 0925+504 soll vermessen werden, aber diese Mess-Kurven sehen völlig verbeult aus. Alexander Kraus kann das Problem erklären: Der Stern ist gerade erst dabei, aufzugehen und das riesige Teleskop hat jetzt zur Hälfte noch den nächsten Eifel-Hügel im Blickfeld und nur noch zur Hälfte den Himmel. Damit verschwindet das kleine gesuchte Signal nahezu gegenüber dem breiten Spektrum an Störsignalen, die der relativ warme Hügel ausstrahlt. Also Abbruch, man müsste die Messung später in der Nacht durchführen.

Beim Planeten Uranus versucht die Gruppe schließlich Messwerte zur Bestimmung der Oberflächentemperatur zu bekommen: erfolgreich! Hier muss aber noch eine Weile mit der Unterstützung von Lisa Zimmermann (die hier in Effelsberg die Messungen für ihre Dissertation durchführte) gerechnet werden, bis ca. 200 Kelvin, also -73 °C, ermittelt sind.

Am nächsten Tag nimmt sich der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Norbert Junkes, viel Zeit, die Technik der riesigen Antenne und ihrer gewaltigen Steuerung vorzuführen.

Durch Tunnel und Keller und Aufzüge gelangt die Gruppe (von links: Markus Goralczyk, Moritz Bieber, Lukas Steinebach, Leon Bereszewski, Ellen Scheffler, Chupis Victor, Rugile Venclovaite) in das Innere der Stützkonstruktion.

Leon ist völlig beeindruckt: „In 50 m Höhe im Freien, dabei noch nicht einmals in der halben Höhe des Teleskops, in der Gitterkonstruktion stehen zu können und die gewaltigen Details aus der Nähe betrachten zu können: krass!“

Zur Überraschung aller beginnt plötzlich eine muntere Karussellfahrt des 3200 t-Gerätes. Der Astronom am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, der gerade die Beobachtungszeit nutzt und das Teleskop ferngesteuert führt, hat offensichtlich eine Reihe von Objekten, die man kurz nacheinander in rascher Folge abfährt und die jeweils nur für relativ kurze Zeit vermessen werden. D. h., der 100 m-Spiegel schaut höher und tiefer in den Himmel und dies in sehr unterschiedlichen Himmelsrichtungen.

Norbert Junkes kann äußerst lebendig Geschichten um die Entdeckungen und die Entdecker der Astronomie und der Radioastronomie vermitteln. Die Schüler sind beeindruckt, wie begeistert die verschiedenen Forscher, die sie hier getroffen haben, von ihren Möglichkeiten sind und wie stolz auf die zum Teil nach jahrelangem Kampf gegen Tücken der Technik und der Physik gewonnenen und bestätigten Ergebnisse. „Sehr spannend“, meint Markus. „Gut, dass wir durch unseren Kurs doch schon ganz ordentlich vorbereitet waren. Die vielen Samstage in unserer Sternwarte zahlen sich aus.“ Und bei den großen Vorbildern der Nobelpreisträgergewinner aus Physik und Astronomie fällt auf, dass sie alle in Teams arbeiteten und Ellen drückt aus „Auch unser Kurs ist mit der gemeinsamen Arbeit, den Messungen, den Auswertungen und den Diskussionen ein wenig von einer Schülergruppe zu einer Gemeinschaft zusammen gewachsen.“

Den Nachmittag füllen die Referate der Schüler und Schülerinnen. Jeder hat ein eigenes Thema. Im Konferenzraum werden die Neutronensterne, die Pulsare usw. angesprochen und es wird darüber diskutiert, während man durch die Fenster zusieht, wie das Teleskop immer wieder seine Position ändert, weil es nämlich gerade für eine bekannte Forschergruppe Messungen zu Pulsaren durchführt. Manfred Heise, stellvertretender Schulleiter, ist beeindruckt: „Dass die Teilnehmer des Kurses jetzt an diesem Ort, an dem gerade live im Hintergrund sichtbar die Forschung auf dem Welt-Top-Level läuft, untereinander und mit den hochkompetenten Gesprächspartner diskutieren können: Toll!

Der Projektkurs Astronomie unter der Leitung unserer promovierten Astrophysikerin Dr. Lisa Zimmermann und StR’ Claudia Scheffler

Die Freiheit, die Projektkurse für Lehrer und Schüler bieten, können wir hier in ganz wunderbarer Weise nutzen.“ Und Claudia Scheffler, Physiklehrerin, ergänzt: „Im Klassenraum kann man sich schon viel Mühe mit Experimenten, Medien und Filmen geben, aber nicht Abbilder, sondern hier die reale Welt mit den Schülern und Schülerinnen zum Untersuchungsgegenstand machen zu können und der Natur mit echten Messungen auf die Spur zu kommen, stellt schon eine herausragende Möglichkeit dar.“

Und – für die Lehrer fast unglaublich – das in Effelsberg geltende weiträumige Verbot für Funkgeräte, damit die Messungen nicht ruiniert werden, bedeutet zwei Tage völliges Handyverbot – und das haben die Schüler klaglos hingenommen und überlebt!

Zusatzinformationen
Projektkurs

In der gymnasialen Oberstufe sind neben Grund- und Leistungskursen seit einer Weile auch Projektkurse zulässig. Sie dauern ein Jahr, typischerweise im letzten Jahrgang der Oberstufe. Man ist in den Kurs-Themen frei, die Schüler müssen in hohem Maße unterschiedliche eigene Arbeiten erstellen, es gibt Noten, die wie die der anderen Kurse fürs Abitur zählen.

Das Schloß-Gymnasium bietet den Schülern seit Jahren ein breites Spektrum an, das die üblichen Schulfächer verlässt. Inzwischen erweitert die Mehrheit der Schüler so ihren Fächerkanon, so dass die meisten Angebote auch eingerichtet werden können, derzeit neben der Astronomie zum Beispiel auch Jura oder Psychologie.